Pacific News 8 - Dezember 1995/Januar 1996
Im zirkumpazifischen Raum
ist immer wieder ein gehäuftes Auftreten teils katastrophaler Erdbeben
- wie Mitte Januar 1995 im japanischen Kobe mit über 5300 Todesopfern
- zu beobachten. In Japan allein werden pro Jahr 5.000 Erdbeben (SCHÖLLER
1987, S. 350) registriert und Seismologen rechnen hier auch mit einem regelmäßigen
Auftreten starker Beben. Als bislang stärkstes Beben im pazifischen
Raum gilt das sog. „Große Kanto-Beben“ vom 01. September 1923
in der Sagami-Bucht vor Tokyo und Yokohama, bei dem fast 100.000 Menschen
starben.
Die Erdbeben und der Vulkanismus
innerhalb des zirkumpazifischen Raumes sind eine Folgeerscheinung der Plattendrift.
So besteht der Pazifik aus verschiedenen Platten unterschiedlicher Größe.
Die Lithosphärenplatten (Erdkruste und starrer Teil des Oberen Mantels)
schwimmen auf der Asthenosphäre (Zone geringerer Materialfestigkeit
im Oberen Mantel). Im Bereich der Mittelozeanischen Rücken auf-wärtsgerichtete
Konvektionsströmungen führen dort zu einem Auseinanderdriften
der Platten. Die dabei aufsteigenden Konvektionsströme biegen unter
der Lithosphäre seitlich ab und der Ozeanboden bricht auseinander.
In den dabei entstehenden Spalten und Rissen eindringendes Magma bildet
dort neuen Ozeanboden (sea floor spreading). Das Alter des Ozeanbodens
nimmt dabei mit zunehmender Entfernung vom Mittelozeanischen Rücken
zu. Dabei kann die Driftgeschwindigkeit der Platten im Pazifik bis zu 10cm/a
betragen.
In den Randbereichen des
Pazifischen Ozeans führt die abwärtsgerichtete Strömungsrichtung
der Konvektionswalzen zur Ausbildung von Subduktionszonen. An der Erdoberfläche
erscheinen die Subduktionszonen als Tiefseerinnen mit einer Tiefe bis zu
10 m (TOKSÖZ 1986, S. 108), die zugleich die ozeanwärtige Grenze
der Subduktionszone markieren. In den Subduktionszonen taucht die spezifisch
schwerere ozeanische Kruste entlang einer schrägen Gleitfläche
(Benioff-Zone) in die Tiefe (KREISEL 1991, S. 12), wo die Kruste erwärmt,
aufgeschmolzen und nach Millionen von Jahren im Mantel absorbiert wird.
Nach dem Einfallen der Benioff-Zone werden zwei Typen von Subduktionszonen
unterschieden, der Chile- und der Marianen-Typ. Beim Chile-Typ fällt
die Benioff-Zone flach ein und die ozeanische Kruste taucht unter die kontinentale
ab. Dabei können Sedimentkörper von der ozeanischen Kruste abgeschert
und dem Kontinentalrand angefügt werden. Enthält die subduzierte
Platte spezifisch leichtere Kru-stenblöcke, so bleiben diese an der
aufgleitenden Platte hängen. Etwa 80% aller Erdbeben ereignen sich
an Subduktionszonen vom Chile-Typ. Die Vulkane sind in einer Entfernung
von ca. 150-300 km parallel zur Tiefseerinne angeordnet und fördern
andesitisches Magma.
Die Benioff-Zone fällt
beim Marianen-Typ steil ein. Über der Subduktionszone entsteht ein
vulkanischer Inselbogen mit einer meerwärtigen Tiefseerinne und -
als Folge des durch den zurückweichenden Kontinent erzeugten Zugspannungsfeldes
- dem back-arc-Becken, einem kontinentalwärtigen Randmeer. Im pazifischen
Raum zieht sich die Inselbogen-Kette von den Aleuten über Japan, die
Philippinen bis nach Neuseeland. Sie ist seismisch sehr aktiv und besteht
aus zwei parallelen Insel-ketten im Abstand von 50-150 km. Der äußere
Inselbogen besteht aus gefalteten Sedimenten und weist im Gegensatz zum
inneren Bogen keinen Vulkanismus auf. Die Ausbildung des äußeren
Inselbogens ist unterschiedlich, so kann er überflutet (Süden
von Java), schwach entwickelt, dominierend (z.B. Ryukyu Island zwischen
Japan und Taiwan) oder topographisch und strukturell mit dem inneren Bogen
verbunden sein (Japan).
Die häufigen Erdbeben
gehen auch auf die Drift der Lithosphärenplatten zurück. Im Bereich
der Gleitflächen bauen sich durch Verkeilung oder erhöhte Reibung
Spannungen auf, die sich bei Überschreitung eines Grenzwertes durch
plötzliche, ruckartige Bewegungen entladen. So kommen Erdbeben häufig
in jungen Fal-tengebirgen und Subduktionszonen vor. Auf den zirkumpazifischen
Raum entfallen 80% aller Flachbeben (Herdtiefe < 70 km), 90% der mitteltiefen
(70-300 km) und fast 100% aller Tiefbeben (300-700 km). In den Subduktionszonen
liegen die Hypozentren (Bebenherde) in einer 250 km breiten Zone (Benioff-Zone),
die mit 30 Grad kontinentalwärts unter die Inselbögen und mit
30 Grad (0-300 km Tiefe) bzw. 60 Grad (300-700 km Tiefe) unter den jungen
kontinentalen Faltenge-birgen (z.B. Anden) abtaucht (CHORLEY 1984, S. 105).
Untersuchungen im Bereich
der japanischen Platte haben ergeben, daß Flachbeben dort auftreten,
wo die Platten nahe der Oberfläche kollidieren. Die Hypozentren der
tiefen und mitteltiefen Beben sind dagegen in den kühlsten Bereichen
im Inneren der subduzierten Platte lokalisiert, da hier die Spannungen
am größten sind. Unterhalb von 700 km erfolgt der Spannungsabbau
durch plastische Deformation, daher treten in dieser Tief keine Erdbeben
auf.
Der Vulkanismus im zirkumpazifischen
Raum steht ebenfalls in engem Zusammenhang mit den Subduktionszonen.
Die Vulkane sind meist hochexplosiv und fördern mehr als 90% Lockermaterial
(z.B. Bandaisan/Japan, Tambora/Indonesien, Mt. St. Helens/USA) (KREISEL
1991, S. 17). Die Lava ist sehr kieselsäurehaltig (Anteil 60%: Andesit-Typ)
und sehr zäh (KREISEL 1991, S. 16). Die große Sprengkraft hat
häufig katastrophale Auswirkungen. Die Stratovulkane fördern
sowohl Lava (effusiv) als auch Lockermaterial (explosiv) (z.B. Mt. Rainer/USA,
Osorno/Chile, Paricutin/Mexico). Der Anteil des Lockermaterials liegt bei
45-70% (KREISEL 1991, S. 17). Vulkane mit einer ständigen, aber gemäßigten
Tätigkeit wie der Stromboli sind kaum vertreten (z.B. Iza-lao/El Salvador,
Sangay/Ecuador).
Die innerpazifischen Inselketten
gehen oft auf den sog. hot spot-Vulkanismus (Manteldia-pirismus) zurück.
Photograph by C. Heliker
on September 19, 1984
Lava fountain 450 m high
bursts from Pu`u `O`o in September 1984. In the foreground, low fountains
play above a fissure that opened just before the main vent began to erupt.
After the high fountains relieved some of the pressure on the magmatic
system, the fissure activity died.
A house is torched by a
lava flow in Kalapana. In May 1990, a Federal Disaster Declaration
was issued for Kalapana and all other areas previously affected by the
eruption.
Hierbei handelt es sich um eine stationäre, punktförmige Erwärmungszone im Mantel, die die über die Asthenosphäre hinwegziehende Lithosphärenplatte durchstößt. Die hier entstandenen Vulkane sind Schildvulkane mit effusivem Lavaausfluß (dünn-flüssige Lava, nicht explosiv). Wird die Verbindung des Vulkans mit dem aufsteigenden Konvektionsstrom durch die Plattendrift unterbrochen, erlischt der Vulkan und neben dem alten Vulkan (Guyot) entsteht ein neuer, aktiver Schildvulkan. Beispiele für hot spots sind die Insel Hawaii (Hawaii-Imperator-Inselkette) und die Insel Savaii (Samoa-Gruppe). Im Gegensatz zu Vulkanen der Subduktionszonen fördern die innerpazifischen Vulkane basaltische Lava.
Eine Folge von Seebeben, untermeerischen Vulkanausbrüchen oder Massenverlagerungen sind die im pazifischen Raum auftretenden Tsunamis. Dies sind langwellige, hohe Flutwellen (5-10 m), die sich mit hoher Geschwindigkeit kreisförmig vom Epizentrum aus innerhalb kürzester Zeit über den pazifischen Ozean ausbreiten und wegen ihrer großen Energie an den Meeresküsten häufig katastrophale Zerstörungen anrichten.
Literaturauswahl:
BRÜCKNER, H. (1995):
Die Entstehung der Ozeane. Geographische Rundschau 47, 2, S. 74-81.
CHORLEY, R.J. et al. (1984):
Geomorphology. London.
CLOSS, H. et al. (1986):
Alfred Wegeners Kontinental-Verschiebung aus heutiger Sicht. In: Ozeane
und Kontinente. Spektrum der Wissenschaften. Heidelberg. S. 40-53.
CONDIE, K.C. (1976): Plate
tectonics and crustal evolution. New York.
DECKER, R. & B. (1989):
Vul-canoes. Revised and updated edition. New York.
DEWEY, J.F. (1986): Plattentektonik.
In: Ozeane und Kontinente. Heidelberg. S. 26-38.
KRAUS, E.C. (1971): Die
Entwicklungsgeschichte der Kontinente und Ozeane. Berlin.
KREISEL, W. (1991): Die
pazifische Inselwelt. Wissenschaftliche Länderkunden Bd. 38. Darmstadt.
PRESS,F. und SIEVER, R.
(1986): Earth. New York.
RICHTER, D. (1980): Allgemeine
Geologie. Berlin.
SCHÖLLER, P. (1987):
Japan. In: Schöller, P. et al. (ed.): Ostasien. Fischer-Länderkun-de
Bd. 1. Frankfurt. S. 325-440.
TOKSÖZ, M.N. (1986):
Die Subduktion der Lithosphäre. In: Ozeane und Kontinente. Heidelberg.
S. 106-116.
Pacific News 8 - Dezember 1995/Januar 1996